Soziales

wichtige Bestimmungen aus dem SGB I und SGB X


§ 35 SGB I - "Sozialgeheimnis"

§ 67 ff. SGB X: 2. Kapitel ""Schutz der Sozialdaten"

 

Was unterfällt dem Sozialgeheimnis? Was sind Sozialdaten? Welche Grundsätze gelten bei der Verarbeitung von Sozialdaten?


Das Sozialgeheimnis ist grundlegend normiert in § 35 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I). Danach hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I).

Welche Daten als Sozialdaten einzuordnen sind und folglich dem Sozialgeheimnis unterliegen, bedarf einer Prüfung im Einzelfall. So stellen zum Beispiel personenbezogene Daten von Ärzten, die bei einer Kassenärztlichen Vereinigung in Erfüllung derer Aufgaben gemäß § 285 Abs. 1 SGB V anfallen, keine Sozialdaten im Sinne des § 35 SGB I dar. Die Definition der „Sozialdaten“ gemäß § 35 SGB I betrifft vielmehr in erster Linie das Verhältnis von Leistungsbeziehern (z. B. Patientinnen und Patienten, Leistungsberechtigte nach SGB II bis XII) zu den Leistungsträgern (z. B. gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherungen, Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter).

Nähere Informationen dazu, welche Stellen dem besonderen Amtsgeheimnis unterliegen, welche Daten vom Sozialgeheimnis geschützt werden, unter welchen Voraussetzungen Sozialdaten verarbeitet werden und welche Rechte Betroffene gegenüber den verpflichteten Stellen haben, finden Sie unter der ausführlichen Info-Broschüre 03 des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zum Thema „Sozialdatenschutz“ (Stand: April 2020), abrufbar unter: Infobroschüre des BfDI

 

Darf ein Sozialleistungsträger (ARGE, Jobcenter) sich bei jedem Antrag auf Sozialleistung (Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialhilfe) Kontoauszüge des Antragstellers vorlegen lassen? Darf sich die Behörde dabei auch Kopien der Kontoauszüge anfertigen?


Das Bundessozialgericht hat zur Frage der Vorlagepflicht von Kontoauszügen gegenüber der ARGE hierzu bereits am 19. Februar 2009, B 4 AS 10/08, im Rahmen von Ansprüchen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) entschieden, dass auch ohne konkreten Verdacht des Leistungsmissbrauchs Leistungsempfänger nach dem SGB II verpflichtet sind, bei jeder Leistungsbeantragung ihre Kontoauszüge der letzten 3 Monate vorzulegen. Der Leistungsempfänger unterliege dabei den auch für SGB II-Leistungen geltenden Mitwirkungspflichten gemäß §§ 60 ff. SGB I. Ein Kontoauszug dient als Beweismittel im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I dafür, dass die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung vorliegen. Lediglich Empfänger von Zahlungen und die Verwendungszwecke von Zahlungen, die Daten besonderer Kategorie offenbaren (z. B. Daten über ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben) dürfen geschwärzt werden. Alle anderen Daten müssen erkennbar sein.


Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat am 22. März 2018, Az.: L 7 AS 2969/17, für Recht erkannt, dass „Vorlage“ dabei nicht gleichzusetzen ist mit bloßer Einsichtnahme. Das Gericht sagt: „Werden Leistungen nach dem SGB II beantragt, obliegt es dem Antragsteller, dem Leistungsträger Kontoauszüge vorzulegen. Der Leistungsträger nach dem SGB II ist berechtigt und verpflichtet, diese Kontoauszüge zur Akte zu nehmen.“ (Leitsatz). Damit ist der Leistungsberechtigte verpflichtet, entweder bereits Kopien der Kontoauszüge dem Leistungsträger zu überlassen oder es zu dulden, dass dieser sich Kopien der vorgelegten Kontoauszüge fertigt und zur Leistungsakte nimmt.

Diese Grundsätze sind im Grundsatz auch für Ansprüche nach SGB XII anwendbar.

Die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 19. Februar 2009 findet sich unter: https://openjur.de/u/170372.html oder kann über den Entscheidungsversand des Bundessozialgerichtes angefordert werden (https://www.bsg.bund.de/DE/Entscheidungen/Entscheidungsversand/entscheidungsversand_node.html)

Die Entscheidung des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 22. März 2018 findet sich unter: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=23738.

 

Übermittlungsbefugnisse eines Frauenhauses an den zuständigen Leistungsträger nach § 36a SGB II


In § 36a SGB II ist bei Aufenthalt einer Frau im Frauenhaus bestimmt, dass der zuständige Leistungsträger von SGB II-Leistungen, in dessen Kommune die Frau untergebracht ist, gegenüber dem Leistungsträger der Herkunftskommune der Frau einen Erstattungsanspruch in Höhe der bewilligten SGB II-Leistungen hat. Die Vorschrift dient der Entlastung der kommunalen Träger, die deren Zuständigkeitsbereich sich ein Frauenhaus befindet. Ob und welche Daten dabei seitens des Frauenhauses an Leistungsträger übermittelt werden dürfen, richtet sich maßgeblich nach der Erforderlichkeit. Nicht selten jedoch beinhalten die im Zuge der Beratung durch die Frauenhäuser erstellten Dokumente dabei besonders sensible Daten der Frauen und ggf. auch der mit untergebrachten Kinder. Geben diese Daten zum Beispiel Aufschluss über den Gesundheitszustand der Frauen oder Kinder oder sind sie aus anderen Inhalten als personenbezogene Daten besonderer Kategorie gemäß Art. 9 Abs. 1 DS-GVO einzustufen, so dürfen diese Daten grundsätzlich nicht (weiter-) verarbeitet werden (Art. 9 Abs. 1 DS-GVO). Innerhalb des Frauenhauses ist eine Verarbeitung dieser Daten durch die Einwilligung der betroffenen Frauen gegenüber dem Frauenhaus zulässig. Soll jedoch eine Datenweiterleitung durch das Frauenhaus an Dritte (Sozialleistungsträger und Sonstige) erfolgen, so bedarf es hierfür einer ausdrücklichen Erlaubnis. In den Fällen, in denen Frauenhäuser von einem privatrechtlichen, in der Regel gemeinnützigen Verein getragen werden, ist die zentrale Übermittlungsnorm des § 69 SGB X („Übermittlung für die Erfüllung sozialer Aufgaben“) nicht anwendbar. Eine Weiterleitung richtet sich in diesen Fällen nach den allgemeinen Bestimmungen (bei Daten besonderer Kategorie: Art. 9 Abs. 1 Buchst.. a – j DS-GVO, bei sonstige Daten: Art. 6 Abs. 1 Satz 1 a – f DS-GVO). Eine solche Rechtfertigung lässt sich in der Mehrzahl der Fälle mangels Erforderlichkeit nicht begründen, es sei denn es werden lediglich Stammdaten (Name, Geburtsdatum, Adresse der Herkunftskommune, Aufenthaltsdauer im Frauenhaus) übermittelt oder die betroffene Frau hat ausdrücklich in die konkrete Datenweiterleitung eingewilligt (Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DS-GVO, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a DS-GVO).